Prüfung
von Margarete Schebesch
Endlich ist es so weit.
Wir stehen alle in einer Reihe vor unseren Raumjägern, jeder in seiner frisch gewaschenen und gebügelten Uniform, und alle haben wir weiche Knie. Denn heute ist unser letzter Flug in dieser Uniform. Heute ist der Prüfungsflug!
Keiner von uns weiß, was ihn erwartet. Wir wissen nur, dass es anders sein wird als alles, was wir bisher auf der Akademie gelernt haben. Als das Signal ertönt, springen wir alle in unsere Sitze, klappen das Verdeck herunter und warten auf die Freigabe.
»Sie werden sich heute auf eine Reise begeben«, höre ich Bensons Stimme in meinem Helm. »Wenn Sie wieder zurück sind, haben Sie die Prüfung bestanden.«
Ich fliege durch das Tor hinaus in den Weltraum. Dann lasse ich mich treiben und warte, dass etwas passiert. Plötzlich wird mein Jäger von einem Kraftfeld erfasst und zurück zum Basisschiff getrieben. Wie eine silberne Kugel liegt es vor mir und wartet auf mich. Sollte es das schon gewesen sein?
Als ich mich gerade in meinem Sessel zurücklehnen will, fühle ich, wie etwas Kaltes um mein linkes Bein fließt. Ich schaue nach, ob es vielleicht ein Loch im Anzug ist. Vakuum und kosmische Kälte herrschen in meinem Jäger, aber da ist kein Loch.
Aber da ist etwas in meinem Anzug! Wie eine Schlange windet es sich an meinem Körper entlang nach oben. Ich gerate in Panik und will mir den Anzug vom Leib reißen, als ich auf der Konsole eine Fliege bemerke, die seelenruhig darüber kriecht und sich nicht um das Vakuum kümmert. Sie müsste eigentlich platzen oder gefrieren oder sonst was in der Richtung, aber sie kriecht!
Habe ich also Luft im Jäger? Kann ich atmen? Kann ich den Anzug ausziehen und die Schlange entfernen? Wie lange kann ich überleben, nachdem sie mich gebissen hat? Schaffe ich es zurück zur Basis? Was ist mit dem Kraftfeld? Da merke ich, dass der Traktorstrahl nicht mehr wirkt, aber der Jäger jagt durch die Trägheit auf das Basisschiff zu. Ich muss ihn anhalten, wenn ich nicht an der Außenwand zerschellen will!
Mit zitternden Fingern umklammere ich das Steuer und bringe den Jäger zum Stillstand, dann fliege ich ihn langsam wieder hinein, durch die Luke in den Hangar. Ich lande und schiebe das Verdeck hoch. Die Fliege ist verschwunden, und mit lautem Zischen strömt Luft in meine Kabine. Ich reiße den Helm herunter und den Anzug auf und finde kalten Schweiß auf meiner Haut.
Wie Schuppen fällt es mir von den Augen.
Benson lässt uns den Abschiedstrunk nicht ohne Grund vor der Prüfung trinken. Rauschmittel sind zwar ausdrücklich verboten an der Akademie, aber jedem Kandidaten kann es passieren, dass er eines Tages damit in Kontakt kommt …
Diese Geschichte entstand in einer Schreibwerkstatt. Die Aufgabe war, eine Geschichte zu schreiben und fünf vorgegebene Wörter darin zu verwenden.